In der Neuzeit war kaum einer an dem destruktiven Wesen der politischen Macht und deren Konsequenzen für einen Einzelnen so interessiert wie Shakespeare und kaum einer hat zugleich die Beschreibung dieses Wesens so verfehlt wie er! Mit der politischen Macht meine ich zuerst keine Politik im engeren Sinne, sondern jenen unersättlichen Willen, über sein eigenes Schicksal hinauszugehen und das Schicksal von x-anderen bestimmen zu wollen. Der Übergang von der Bestimmung des eigenen Schicksals zur Bestimmung des Schicksals des anderen und der daraufhin erfolgte Übergang von der Bestimmung des X1-Schicksals zum Xn-Schicksal sind für Shakespeare von vornherein problematisch und im Falle der Erscheinung eines potenzialen Tyrannen nicht nur verwerflich, sondern auch fatal und laufen auf eine gleitende blendende Regression hinaus, wobei der Einzelne nicht mehr imstande ist, sich vom Hineingleiten abzubringen, und seine Schicksalsbestimmung zu einer Funktion des Bestimmungsdrangs des Schicksals des anderen wird. Der Dramatiker, der Shakespeare ist, kann sich diesen Tatbestand ohne irgendwelche metaphysische Vorsehung, die zweierlei den Einzelnen bestraft, nicht vorstellen. Er verwechselt aber die oben genannte Regression, die in der Tat nichts anderes ist als eine machtspezifische Transienz, die den Einzelnen in sich aufsaugt und ihm den Eindruck einer ewigen Bestimmungsmöglichkeit gibt, und das Schicksalhafte an dem Antritt dieser Transienz mit einer metaphysischen Vorsehung, die in der Lage ist, dem Einzelnen all das heimzuzahlen. So wird das Drama für Shakespeare zur Abrechnungstragödie, wobei er die tatsächliche Tragödie, d.h. den wirkenden Nihilismus im Wesen der Macht verfehlt und nicht einsieht, wie der Einzelne über die Schicksale von x-anderen willkürlich und zu egologischen Zwecken entscheiden kann, ohne von irgendwelcher metaphysischen Fügung geahndet zu werden.