Die Korrelation der Schönheit ist kein einziges Auge, sondern vielmehr das Sehen schlechthin. Die schöne Frau wendet sich demzufolge an keinen einzelnen Zuschauer, sondern an alle möglichen Zuschauenden nach dem Prinzip "Schauen Sie mich an, wie schön ich bin"!
Donald Trumps Frauengeschichte und Schranken der Mittelschichtvernunft: Die ganze Weltmittelschicht sieht ihre Aufgabe darin, Donald Trump aufgrund seines Schürzenjagdrufes zu hassen und dank dieses Hasses dazu beizutragen, die Problematik Donald Trumps unerkannt zu lassen: Donald Trump ist der einzige Amtsinhaber weltweit, dessen amtsgefährdende Fehler Millionen abwarten und sich auf deren Vorkommen freuen. Dass man an einem Ort steht, wo der Fall dermaßen erwünscht ist - das ist das Unerkannte an Donald Trump und seinem Amt.
"Diese Sparsamkeit, das hatte nur Ravel noch gekonnt. Mit so wenigen Tönen so viele Musik zu schreiben. Denken Sie, dieser Mann hat in Budapest Klavierunterricht gegeben, nicht [mal] der Kompositionsprofessor war er. Und [er] ist gestorben in New York mit 400 Dollar Schulden an der Apotheke. Und Herr (?), der Verleger [seiner Werke], ist Milliardär jede Woche. Ich kann mir selbst nicht verzeihen, dass ich in seiner Zeit gelebt habe und absolut nichts von ihm gewusst habe. Was ist das für ein Leben?", Celibidache über Béla Bartók, Sergiu Celibidache: The Munich Years, CD 41 (Béla Bartók: Concerto for Orchestra), Rehearsal Excerpts, III. Bars 120-end
Abgesehen von der neutralen und stumpfen Herangehensweise von Sachbearbeitern und einfachen Beamten an der Welt, abgesehen von der kreativen Aufrechterhaltung sowie Verbesserung der organisch-technischen Welt durch Ärzte und Ingenieure und abgesehen von der deskriptiv-pädagogischen Aufgabenstellung von Künstlern, Wissenschaftlern, Lehrern und Philosophen, findet eine merkwürdige Selbstverweltlichung in Form einer projektiven Erweiterung seiner eigenen Tätigkeit in manchen Berufen statt: Ein (Gefängnis)Wächter sieht, sucht und will die Welt als (Gefängnis und) Schutzmaterie gegen eine vermeintliche Bedrohung, ein Polizist als Tatort, ein Journalist als Benachrichtigungspotenzial, ein Händler als Waren- und Gewinntransfer, ein Geistlicher als heilige Auslegung und Umsetzung des Ausgelegten, ein Psychologe als psychische Anomalität und krankhafte Abweichung des Normalen.
Ex negativo glücklich! Nicht nur in dem, was wir haben oder tun können, sondern auch in dem, was wir nicht haben oder nicht tun müssen, haben wir unser Glück: Ein Glück, keine Krankheit, keine Schulden oder keine beschissene Familie zu haben; Und ein Glück, nicht jeden Tag im Stau stehen, nicht unter einer Diktatur leben oder aufgrund des Arbeitserhaltes nicht jedem in den Hintern kriechen zu müssen!
Die französische Kultur als eine in und von Paris, insbesondere von seinem Rive Gauche bestimmte institutionalisierte Hauptstadtkultur ist nicht nur eine peripherieerzeugende Zentrumskultur, sondern eine Kultur, die aufgrund einer in ihr verankerten weltstädtischen Allwissenheit sowie eines urteilenden Kategorisierungs- bzw. Anerkennungsdrangs jede Möglichkeit zu einer unbeteiligten und schöpfungsunentbehrlichen Beobachtung sowie Überraschung von vornherein ausschließt und das Individuum in ein Wiederholungsdiktat hineinwirft.
Ein Armer versteht reiche Lebensverhältnisse, ein Reicher versteht hingegen arme Lebensverhältnisse nicht! Warum? Nicht, weil die Vernunft die Negation über ihre formallogische Betätigung hinaus und in ihrem spezifischen phänomenologischen Konkretum nicht denken kann, vom Nicht-Haben aus also das Haben zu denken möglich, vom Haben aus aber das Nicht-Haben zu denken eher unmöglich ist? Oder ich täusche mich: arme Lebensverhältnisse lassen sich nur vor reichen Lebensverhältnissen als Negation begreifen, sind sie aber an sich etwas und als etwas sind sie als gar keine Negation zu verstehen? Oder vielleicht begehe ich eine petitio principii und die Behauptung eines einseitigen Verständnisses erweist sich von vornherein als falsch, da Arme und Reiche zwei völlig unterschiedliche Welten sind, die sich nicht verstehen, die nur das Universale als Mindestgarant der Existenz miteinander teilen und deren mögliche Verbindung lediglich über die Zuneigung des einen und die Gleichgültigkeit (im besten Fall und in neuzeitlicher Form: die Solidarität) des anderen geht?
Man redet vom Iran und man weiß eigentlich nicht, wovon man redet! Das Schicksal Iran besteht in der medialen Banalisierung seines Namens und in der Beschmutzung seines Gesichts durch grölende Lumpen, die ihn durch den Kot gezogen haben. Der Iran als diese eine Frage, als dieses eine ewige Rätsel, ist unter anderem jene musikalische Hochebene, auf der jeder Hauch, jeder Luftzug einen Klang in sich birgt, musikalisch säuselt und seine Geheimnisse, seine "Yaad" (Angedenken, Erinnerungen) melismisch raunt. Alireza Mashayekhi ist ein Felsen, ein Baum, auf dieser Hochebene.
Alle Lumpen der Welt sind in ihrer Seinsweise (Sprech- und Verhaltensweise, die Alltagsgestaltung, die Lebensfinanzierung, das Lebensziel usw.) ähnlich. Auch alle Händler, alle Beamten, alle Politiker, alle Militärs, alle Akademiker, alle Geistlichen, alle Künstler usw. weisen Ähnlichkeiten der Seinsweise in Verbindung mit ihrem Beruf auf. Bedeutet dies nicht, dass eine philosophische Anthropologie unbedingt auch eine Berufsontologie enthalten muss, wobei der Mensch sprach- und kulturunabhängig aber auch unabhängig von den Kongruenzen einer globalisierten Welt nach den Affinitäten seiner Tätigkeitsausübung untersucht werden muss?
Vergleichsweise verliert der Mann im hohen Alter mehr seine Würde als die Frau und wirkt insofern erbärmlicher. Der alte Mann freut sich auch mehr über junge Frauen als die alte Frau über junge Männer. Alles muss seine geschlechtsontologischen Gründe haben, ein wesensverschiedenes Verhältnis zum Tod, als biologisch-hormonelle oder gar moralische Ursachen.
In der Neuzeit war kaum einer an dem destruktiven Wesen der politischen Macht und deren Konsequenzen für einen Einzelnen so interessiert wie Shakespeare und kaum einer hat zugleich die Beschreibung dieses Wesens so verfehlt wie er! Mit der politischen Macht meine ich zuerst keine Politik im engeren Sinne, sondern jenen unersättlichen Willen, über sein eigenes Schicksal hinauszugehen und das Schicksal von x-anderen bestimmen zu wollen. Der Übergang von der Bestimmung des eigenen Schicksals zur Bestimmung des Schicksals des anderen und der daraufhin erfolgte Übergang von der Bestimmung des X1-Schicksals zum Xn-Schicksal sind für Shakespeare von vornherein problematisch und im Falle der Erscheinung eines potenzialen Tyrannen nicht nur verwerflich, sondern auch fatal und laufen auf eine gleitende blendende Regression hinaus, wobei der Einzelne nicht mehr imstande ist, sich vom Hineingleiten abzubringen, und seine Schicksalsbestimmung zu einer Funktion des Bestimmungsdrangs des Schicksals des anderen wird. Der Dramatiker, der Shakespeare ist, kann sich diesen Tatbestand ohne irgendwelche metaphysische Vorsehung, die zweierlei den Einzelnen bestraft, nicht vorstellen. Er verwechselt aber die oben genannte Regression, die in der Tat nichts anderes ist als eine machtspezifische Transienz, die den Einzelnen in sich aufsaugt und ihm den Eindruck einer ewigen Bestimmungsmöglichkeit gibt, und das Schicksalhafte an dem Antritt dieser Transienz mit einer metaphysischen Vorsehung, die in der Lage ist, dem Einzelnen all das heimzuzahlen. So wird das Drama für Shakespeare zur Abrechnungstragödie, wobei er die tatsächliche Tragödie, d.h. den wirkenden Nihilismus im Wesen der Macht verfehlt und nicht einsieht, wie der Einzelne über die Schicksale von x-anderen willkürlich und zu egologischen Zwecken entscheiden kann, ohne von irgendwelcher metaphysischen Fügung geahndet zu werden.
Für einen freien Menschen kann die deutsche Gesellschaft genauso gefährlich sein wie die iranische: da in beiden Gesellschaften ein sehr ursprüngliches Nomadentum und eine starke Tradition kollektiven Handelns verwurzelt in einer fundamentalen religiösen Weltangst als Kern des individuellen Agierens walten, die sich durch die Geschichte und durch jedes ihres entscheidenden individuellen Werkes zivilisatorischer Natur (und das wird umso gefährlicher) durchgezogen haben und das Individuum in jedem Moment nicht nur als eine entmündigte Hülle bestimmen, sondern die kollektive Handlung um des Kollektivums willen so beeinflußen und leiten, dass dieses dem Individuum im Falle eines Andersseins (und mit dem Anderssein meine ich keine ideologische Zugehörigkeit zu gegebenen bekannten Subkulturen, sondern eine radikale verneinende Unpassendheit im Sinne einer unerkennbaren Zuordenbarkeit) bedrohlich entgegenkommt und es in unterschiedlicher Form (Boykott, Aggression, Gewalt, Mord) bestraft. Die Frage ist nun, wie das individuelle zivilisatorische Werk im Sinne der künstlerisch-philosophisch-wissenschaftlichen Errungenschaft trotz dieses gefährlichen Nomadentums und der Tradition kollektiven Handelns überhaupt in dem Ausmaß möglich war.
Macht und Wahrheit! Die Verbindung zwischen Macht und Wahrheit geht oft, insbesondere von der Macht aus, über die Illusion, dass man durch die Macht entweder die Wahrheit besitzt (ideologisch), vererbt (rassistisch) oder sie bestimmt (akademisch). Die Wahrheit tut sich aber nur in einem machtunrelativen freien Denken auf, dank dessen erst eine eigene wesensverschiedene Macht in Form einer Verewigung des Wahrheitsdenkenden und als Kompensation für sein um der Wahrheit willen aufgeopfertes Leben zutage tritt.
Jedes Denken ist in seinem Wesen ein äußerst Individuelles. Bedeutet dies etwa nicht, dass alles Überindividuelle, alles Öffentlichgewordene, alles Veröffentlichte und Verbreitete, auch alles Theoretisierte im Sinne des aus den gegebenen Zusammenhängen Herausabstrahierten von sich denkhemmend sowie -lähmend ist? Bedeutet dies auch nicht, dass alles Denken kein anderes Hindernis zu überwinden hat als das Schon-Gedachte?
Man neigt dazu, den Tod Gottes und den daraufhin erfolgten Verlust religiöser Vormacht als Quelle des neuzeitlichen Nihilismus (Nietzsche) zu betrachten, und man vergisst, wie die (monotheistische) Religion selbst insbesondere durch die Erinnerung an das Gleiche, durch die Aufforderung zum Repetitiven, durch ihre zirkuläre Zweckbestimmtheit in ihrer Praxis als Triebwerk eines Nihilismus auf der höchstmöglichen Stufe fungiert. Ist der neuzeitliche Nihilismus insofern nicht als Ausflucht vor diesem altertümlichen post-mythologischen Nihilismus, als Herauskommen aus der Grube und Hineinfallen in den Brunnen, um mit Iranern zu sprechen, zu verstehen?
"Als Rossellini über 'La dolce vita' sagte, es sei der Film eines Provinzlers, da wußte er nicht, was er sagte, denn einen Künstler als Provinzler zu bezeichnen ist meiner Ansicht nach die schönste Definition, die man von ihm geben kann, weil die Haltung eines Künstlers gegenüber der Wirklichkeit eben die eines Provinzlers sein muß, das heißt, er muß von dem, was er sieht, angezogen sein und gleichzeitig die Unvoreingenommenheit eines Provinzlers besitzen. Was ist denn ein Künstler in Wirklichkeit? Nichts anderes als ein Provinzler, der sich zwischen einer physischen und einer metaphysischen Realität befindet. Vor einer metaphysischen Realität sind wir alle Provinzler. Wer ist denn Bürger der Transzendenz?" Fellini, Aufsätze und Notizen, S. 196
"Ich hasse Film-Festivals. Sie haben alle eine Atmosphäre, die mir nicht gefällt - die Atmosphäre eines Wettkampfes, der meinem Temperament fremd ist. [...] Ich weiß nur, daß ich diese Wettkampfatmosphäre von Festivals nicht leiden kann. Schon als Junge habe ich mich geweigert, an Schülerwettkämpfen teilzunehmen, und später habe ich auch nie um schöne Frauen gekämpft", Fellini, Aufsätze und Notizen, S. 144
Eine romantische Leidregression: Viele Romantiker zerstören bei der ersten Schwierigkeit ganz billig ihre oft zufällig entstandene schöne Romanze, weil zum einen zu ihrer Vorstellung von der Romanze keine Schwierigkeit gehört und ihnen, zum anderen, ein emotioneller romantischer Bruch, von dessen Erinnerung sie sich nachträglich ernähren können, lieber ist als eine auf Anhieb langweilig erschienene Lösungssuche für den Fortbestand der Romanze. Sie sind aber dann schnell überrascht und erschrocken, nachdem sie die Summe der Schwierigkeiten gemerkt haben, mit denen sie nun leben müssen. Und die größte Schwierigkeit ist, dass sie überraschenderweise oft auf Leute treffen, bei denen sie kein bisschen von dem haben, was sie bei dem oder bei der Verflossenen hatten, und dass sie nun unter der Abwesenheit des schönen Vergangenen leiden müssen, ohne dass das Ende des Leides ersichtlich ist.
Jede Machtsucht sowie Machthabe im Sinne der unersättlichen Neigung zum Mehr- und Alles-haben kommt von einem Defizit im Sinne eines entsprechenden Nicht-habens her, wofür die Macht als Deckung sowie Erfüllung gilt. Anthropologisch entsteht hierzu eine Palette von zwei Antipoden: Der Typus Diktator-Politiker und der Typus Dichter-Mystiker. Je voller, vollkommener und insofern machtindifferenter der Dichter-Mystiker ist, umso leerer, defizitärer und machtinteressierter ist der Diktator-Politiker. Daher auch der ontologische Gegensatz zwischen Dichtung und Politik!
Was jede Art der Darstellung (Film, Theater, Malerei usw.) mit dem Leben und das Leben mit jeder Art der Darstellung verbindet, ist, dass beide in Erscheinung treten, dass beide erscheinen und somit über einen selben Erzeugungs- sowie Erfassungsmodus verfügen. Wo kommt dann ontologisch der Gegensatz her?
Der stolze Mensch, der aus Angst vor Überraschung vor Überraschung Fliehende und daher im Wissen Zuflucht Suchende, der sich somit für allwissend Haltende und der nichts mehr zu lernen Brauchende, der wir sind, werden wir jedes Mal im Traum vom Traum überrascht, um daran erinnert zu sein, wie geheimnisvoll das Leben ist und wie uns vor dem Geheimnis des Lebens kein Wissen mehr eigentlich hilft.
"- Was ergreift dich am meisten? - Die Unschuld. Vor einem Unschuldigen strecke ich sofort die Waffen und gehe streng mit mir ins Gericht: Kinder, Tiere, die Blicke, mit denen einen manchmal Hunde fixieren. Auch die äußerste Bescheidung, die ich in den Wünschen einfacher Leute bemerke, kann mich betroffen machen. Und natürlich ergreift mich die Schönheit, der Blick bestimmter Frauen von bezaubernder Schönheit, der die Luft mit einem anderen Licht zu erfüllen scheint. Erregende Erscheinungen. Dann der künstlerische Ausdruck. Ein Schriftsteller oder Maler, dem es gelungen ist, auf einer Seite, einem Bild ein Gefühl von den Dingen der Welt, eine unvergängliche Vision festzuhalten, ruft tiefe Ergriffenheit in mir hervor. Der Natur gegenüber bin ich dagegen gleichgültig und ungerührt", Fellini über Fellini: Ein intimes Gespräch mit Giovanni Grazzini, S. 117
Die Frau, die einst durch die Sittlichkeit ihre Macht über den Mann zu erhalten versuchte und die es nun aufgrund der Emanzipation und der Gleichberechtigung nicht mehr tun kann, weil sie selbst emanzipationsbedingt nicht mehr besonders sittlich - oder zumindest nicht besonders sittlicher als der Mann - handelt, versucht ihre Macht, ihre ihr notwendige Überlegenheit durch die Erschaffung des Eindrucks oder vielmehr den Einbau der Angst eines permanenten Verlusts in den Mann zu sichern, was ihr eigenes Dasein letztlich mit einer schädlichen Diskontinuitätsdynamik verbindet.
Raphael hörte einem Vortrag über die "Identität" zu. Unfähig eine Rede länger als einige Minuten zu verfolgen, versank er willenlos in seine Gedanken, wo er sich dachte: Die Identität! Was für eine Lächerlichkeit! Wenn man mich fragte, wer ich bin, wie könnte ich antworten, wer ich bin? Ein Traum? Ein Wunsch? Ein Blick? Ein Duft? Ein Choleriker? Ein Bettler? Ein Prostituierter? Oder ein Narr?
"'Wenn die Amerikaner sagen: Gaddafi ist der Chef aller Terroristen, dann ist er glücklich. Wenn ein anderer sagt: Gaddafi ist ein Spitzenagent des US-Imperialismus, freut er sich ebensosehr. Er muss nur an der Spitze der Berichterstattung stehen [...] Man darf Gaddafi nicht vergessen!' - Renate Poßaring: Gaddafi. Enfant terrible der Weltpolitik. Hamburg 1983, S. 189", Wikipedias Eintrag über Muammar al-Gaddafi. Wenn man sich die Fotos Gaddafis ansieht, diese Entwicklung von einem charmanten Mann in seiner Jugend bis zu seiner Festnahme in einer Betonröhre und der darauf erfolgten Tötung wie eine erschrockene Ratte in einem Abwasserkanal - Dann denkt man sich: Muss es sein, dass die Sehnsucht nach der Größe beim Orientalen ihm dermaßen zum Verhängnis wird?
Ich sitze in meiner Ecke und schreibe das schönste Gedicht der Geschichte oder verfasse das wichtigste philosophische Werk der Menschheit! Hätte ich dazu die Genehmigung eines Literaturkritikers, eines Uniprofessors oder irgendjemands überhaupt nötig? Niemals, solange ich und nur ich die Freiheit in meinem Geiste habe, in jedem Moment über jedwede raumzeitliche Grenze hinauszugehen, und solange dies und nur dies die einzige apriorische Voraussetzung für jedwedes Schaffen ist. Alles andere hat nur eine aposteriorische Bedeutung, die Bedeutung eines Im-schlimmsten-Fall-das-in-der-Stille-gebildete-Talent-übersehen-wollens!
Casanova, wie ihn Fellini zeigt, verkörpert eine männliche Sehnsucht nach einer weiblichen Schönheit in ihrer Fulminanz, in ihrer metaphysischen Perfektion, die als solche in keiner Frau (ewig) existiert (auch jede schöne Frau ist der Degradierung der Schönheit durch das Alter ausgesetzt). Casanova als dieser eine Mann ist jene Unfähigkeit, die konkrete Frau, die Frau als diesen einen raumzeitlichen Leibkörper über ihren Körper hinaus zu verstehen (ihm ist eine weibliche mechanische schöne Puppe gleichwertig und genauso begehrenswert wie eine tatsächliche Frau). Dieses Unverständnis für die Frau, wie sie über ihre gegebene ästhetische physikalische Beschaffenheit hinaus ist (und das kommt vermutlich aus einer Unzufriedenheit mit der Mutter), übersetzt sich in einem unersättlichen Hang zum Sexus. Der Sexus in dem Ausmaß, wie er von Casanova betrieben wird, fungiert bei ihm wie eine Kompensation der Unauffindbarkeit jener unmöglichen weiblichen Schönheitsidee. Der Mann, für den Casanova als Symbol steht, ist ein Vorzug, eher mit jener Vorstellung oder vielmehr mit der Liebe zu jener Vorstellung von der Frau in der Vollendung ihrer metaphysischen Schönheit herumzutreiben als mit ihr in ihrer konkreten Raumzeitlichkeit zu leben.
Vor dem Geheimnisvollen des Lebens, vor dem erschreckend Schönen, vor dem bitterlich Süßen, vor dem grausam Unschuldigen - Was ist der Philosoph mit seinem Erklärungsdrang? Nicht ein Narr, der ratlos da steht und gar kein Mittel hat, ins Wesen des Unerklärlichen, des nur weinend Zu-Betrachtenden hineinzudringen?
Patrick Süskinds überragendes Genie in seinem Parfum besteht in der erzählerischen Umsetzung von siebenerlei Ideen: 1. Die heraklitische Idee einer olfaktorischen Ontologie, die besagt: "Wenn alles, was ist, zu Rauch würde, dürfte die Nase es immer noch unterscheiden" (Heraklit, DK 22 B 7), 2. Das (höchste) Wesen des Seins ist im weiblichen Körper (falls das Sein nach der heraklitischen Riechontologie zu Rauch werden könnte, wäre dies in seinem Geruch) zu suchen, 3. Das (höchste) Wesen des Seins als im weiblichen Körper zu Suchendes ist das absolut Gute, 4. Das absolut Gute als Bestimmung des (höchsten) Wesens des Seins erschafft die absolute Macht, 5. Die absolute Macht führt unvermeidlich zur Selbstvernichtung, 6. Die Selbstvernichtung als konstitutiver Wille des Daseins zum Tod, zum Nichtswerden im Sein im Ausgang vom Geburt und als dessen raumzeitlichen Fortsetzung, und 7. Das geruchsähnliche Nichtswerden des Daseins in Anlehnung an die geruchsähnliche Nichtigkeit des Seins, in Anlehnung an seine Übergangsmöglichkeit von einer puren Substanz zu einem Rauch, zu einem Geruch!
Naivität als Schicksal des Orientalen! Vor der unlösbaren Rätselhaftigkeit der Vollendung der westlichen Kultur, vor der ewigen Unbesiegbarkeit des westlichen Menschen, sieht der Orientale seinen Beitrag in der Aufgabe, daran zu erinnern, dass wir alle Menschen sind, dass wir alle Brüder und Schwester sind! Als wären diese naiven Wertbetonungen sämtlich orientalische Errungenschaften, als wären Okzidentale alle hoffnungslose Roboter und als würden sie durch so eine unaufrichtige Verschaffung des Gewissensbisses vor ihrem zivilisatorischen Triumph zurückschrecken! Da denkt man, der Orientale weiß einfach nicht, wovon er redet, oder er weiß und tut so, als wüsste er nicht!
Philosophos (φιλόσοφος) als Pornos (πὸρνος)! Der wahre Philosoph (und nicht nur der Sophist, wie ihm Platon aufgrund seines Geldinteresses unterstellte) als Seinsdenker - und Seinsdenken als Allesdenken, Allesdenken als Allessein und Allessein als Alles-in-sich-hineintreten-lassen - ist eine pure Offenheit, eine reine Rezeptivität und als solche nichts anderes als ein Prostituierter!
In einer Welt der Glückknappheit, in einer Welt von Lebensgescheiterten - wenn ein glückliches Zusammensein zustande kommt, auch wenn dieses alle seine Innenkonflikte überstehen würde, würde es die ganze Neid und Intriganz von jenem perfiden Teil der Umstehenden nicht überstehen, es sei denn, einem Zusammensein ist dies vollkommen bewusst und das Umfeld wird diesbezüglich bewacht, um über jedes Attentat von bereits erwähnten Spezies hinwegzukommen!
Der Orientale insbesondere der Iraner darf von der Demokratie nur träumen! Er ahnt nicht, dass hinter der Demokratie als dieser einen alternativlosen politischen Staatsverwaltung jener dazu angefertigte Mensch steckt, der bereit ist, das politische Besitztum sowie den politischen Staatsapparat als dieses einmalige Schicksalsbestimmungskapital um des Umlaufs des Demokratiespiels willen ohne zu zögern zu übergeben und zu gehen! Dieser übergabe- und gehbereite und bei dieser Bereitschaft gegen seinen Machtaneignungsinstinkt agierende Mensch ist entwicklungsgeschichtlich eine vollkommen neue Spezies, die noch nie (oder nur einzelweise) im Orient erzeugt worden ist und in weiteren tausend Jahren auch vielleicht nicht erzeugt wird!
Jede Mittelmäßigkeit hat auch eine sprachliche Erscheinung im Sinne eines Sich-an-die-Sprache-als-gegebenes-Gesprochenes-zu-haltens. Die Sprache als gegebenes Gesprochenes ist nicht die Sprache als solche, auch nicht die Sprache als schöpferisches und insofern als Schauplatz alles Neuen und zur Möglichkeit dessen werdendes Ganzes, sondern jene Sprachnorm oder vielmehr jene Sprachgöttlichkeit, die als solche überhaupt gilt, weil sie einzig und allein auch vom anderen genauso gebraucht wird. Die Mittelmäßigkeit in ihrer sprachlichen Erscheinung besteht in jener Furcht, sich vom anderen als sprachlich anders und somit beim und zum gegebenen Sprachkollektivum als nicht konform oder nicht dazugehörig gebrandmarkt zu fühlen!
Einen Willen im Sinne eines Verlangens hält eine Frau gemeinhin für eine Schwäche, indem sie nichts anderes dermaßen hasst als eine Willenlosigkeit im Sinne einer Willensstumpfheit oder sagen wir mal Willensatrophie. Sie entwirft also ihren Idealmann wie folgt: einen willensstarken willenlosen Mann!
Philosophie und Psychologie als Kain und Abel der Wissenschaft! Während die Philosophie die absolute Wahrheit fachmännisch ersucht, um das Weltdunkle zu erhellen und das Weltgerüst Personenunabhängig ersichtlich zu machen, ist die Psychologie durch ihre uneingeschränkte Pathologisierung der Welt und ihre gleichzeitige Fungibilität im Sinne einer beliebigen Verwendbarkeit ihrer Betrachtungs- und Untersuchungsweise zu einem Verdächtigungsinstrumentarium geworden, dank dem jeder jeden als psychisch krank verdächtigt und sich in der Lage sieht, jeden einer psychologischen Analyse zu unterziehen. Die Psychologie gleicht wahrlich dem amerikanischen Waffenrecht: Jeder trägt die Waffe, um sich einem gewissen Schutz zu ermöglichen, erhöht aber dabei die Wahrscheinlichkeit, erschossen zu werden!
Ein Einziges, was man der Psychologie nicht verzeihen darf: Wie die Psychologie durch eine eigennützige grenzlose Pathologisierung der Welt, durch ihre irreführende Hermeneutik des Weltsymbolismus (darunter des Symbolismus der menschlichen Psyche), nicht nur der Menschheit kein bisschen hilft, sondern sie vielmehr dadurch unwiederbringlich paranoid macht und sie somit erkrankt!
Künstlers Benedictus oder wie ein Künstler betet: Herr, ich halte dir meine Hände hin, um mich zu bedanken, dass meine Seele zum Wachstums- und Erscheinungsort alles Schönen geworden ist! Gott, ich brauche keinen Fels, um in dieser fließenden Welt darauf zu stehen. Ich brauche keinen Boden, der in dieser bebenden Welt nicht wankt. Ich brauche keinen Weg, um mich in dieser verwüsteten Welt nicht zu verirren. Denn ich bin selbst jener Fels, jener Boden, jener Weg!
Die Formvormachtstellung und die neuzeitliche Denkunfähigkeit: Dass der neuzeitliche Mensch unfähig ist, das gütige Gehalt eines Aktes zu begreifen, wenn dieser formal nicht gänzlich der Ästhetik seiner Erwartung von einem idealen Akt entspricht, zeigt nicht nur die Vorherrschaft der Form, was ein Zeichen der Dekadenz ist, sondern auch eine prinzipielle Unfähigkeit zum Denken, das in erster Linie im Vermögen besteht, hinter der Form das waltende Wesen zu erfassen.
"You're not anybody in America unless you're on TV. On TV is where we learn about who we really are", Suzanne Stone (Nicole Kidman) in To Die For von Gus van Sant. Amerika als Sinnbild der Neuzeit ist also jene Seinsbestimmung durch eine mediale Scheinbestimmung. Besagt dies etwa nicht Folgendes: Das Sein ist eigentlich nicht mehr, sondern es wird eher bestimmt? Und bedeutet dies nicht, dass eine neuzeitliche Ontologie vielmehr auf die Bestimmungsmodalitäten des Seins abgezielt sein soll als auf seine bestehenden Kategorien?
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